Projekte / Baukreis

Baukreis
Sprühkleber-Installation
ehemalige Weberei des Bauhaus
Weimar, Frühjahr 2005

Der Kreis ist ein Urbild des Lebens.
Er symbolisiert ein geschlossenes System. Nichts darin geht verloren. Alles ist Teil von einander.
Der Kreis ist Sinnbild aller Bewegung. Jedes Element in ihm bedingt das andere - wandelt sich im ständigen Fluss. Einzig das Zentrum ruht in der Mitte.
Bauhaus ist eine vergangene gescheiterte Idee.
Vergangenes haftet an seinem Ort.
Bauhaus an diesem hier.

Die alte Weberei der echten Bauhaus-Schule in Weimar dient heute wie viele weitere Räumlichkeiten der originalen Bauhaus-Lehrgebäude als Unterrichtsraum der Bauhaus-Universität-Weimar. Welche Spuren bleiben in solch geschichtsträchtigen Orten erhalten? Was bleibt übrig von einer verschwunden Idee? Haben Räume und Gebäude ein Gedächtnis? Und wenn ja, wie kann man solche Erinnerungen sichtbar machen?
Im Rahmen einer Gruppenausstellung von Studenten der Bauhaus-Universität-Weimar zum Thema "das alte und das neue Bauhaus" (Leitung Formmeister Horst Hoheisel) entstand die Idee mit Hilfe einer überdimensionalen Papierschablone und farblosem Sprühkleber das zyklische Lehrmodel des klassischen Bauhaus von Walter Gropius auf den Parkettboden der alten Weberei-Werkstatt aufzutragen. Die Besucher der Kunst-Ausstellung - in großer Zahl auch Studierende und Lehrende der Bauhaus-Universität-Weimar - traten nichts ahnend in den Saal und gaben sich dem Kunstgenuss hin. Was sie nicht wussten war, dass sie auf ihrem Weg in den Saal zahllose Staubpartikel - Zeitpartikel - der ehemaligen Bauhausschule unter ihren Schuhsolen mit hineintrugen. Somit wurde allein durch ihre dynamische Anwesenheit im Ausstellungsraum eine unbewusste Brücke zur verschwundenen Welt des alten Bauhauses geschlagen. Der Staub der Zeit blieb am unsichtbaren Sprühklebstoff haften und ließ langsam, Schritt für Schritt, eine vergessene Idee aus dem Untergrund als schemenhafte Silhouette aufsteigen. Irgendwann lagerten sich genug graue Partikel an, so dass aus der Menge der eigenartigen schmutzigen Striemen auf dem Parkett ein Bild wurde - sehr zur Überraschung der Ausstellungsbesucher. Das Kreismodell der alten Bauhauslehre gleicht in seinem Bau und seiner Funktionsweise dem konzentrisch-zyklischen Prinzip östlicher Weltvorstellungen. Es steht in seiner geordneten Ganzheitlichkeit im Gegensatz zu vielen heutigen linearen Lehrmodellen.
Nach der Ausstellung wurde die alte Weberei wieder ihrer studentischen Nutzung übergeben - der Baukreis jedoch blieb noch eine Weile. Erst nach Wochen hatten dieselben Sohlentritte die ihn erschufen den meisten Klebstoff abgetragen - so dass er langsam wieder in der Unsichtbarkeit des Vergessens verschwand.