Texte / Himalaya und Hier

Himalaya und Hier
Lyrik-/Textperformance; 2007
(s. Programme)

Leseprobe:

Apfelblüte

In ihrem weiß sein liegt ein Ton
der aus duftendem Licht gemacht.
Sie schweben auf den Zweigen
und saugen alles Fließen auf.
So, dass um ihren Baum herum
die Stille in die Augen sinkt,
dass alle Blicke lautlos ruhen,
als wär die Zeit darin zuhaus.

(S.B. 04.05.200)

Wenn der Himmel wie ein Auge wäre

wenn der Himmel wie ein Auge wäre
und zarte Wolkenschleier seine Lider
von schwülen Winden aufgetürmt
mit rotem Gold bestrahlt vom Licht der Abendsonne
wenn die Hügel schützende Arme wären
welche die Stadt behüten voller Gnade
wenn die Häuser uns in Ruhe schlafen ließen
am Morgen zu erwachen voll Vertrauen
das Gesicht des Nachbarn anzuschauen frei von Angst
zu sprechen in die Welt mit einem Lächeln
im Gewissen, dass nichts und niemand anders ist als Du
wenn wir tief im Herzen wüssten, dass nichts bleibt
was mit Händen, Worten zu begreifen ist
wenn Demut vor dem Leben uns durchdringen würde
und ein Gespür für seine Wurzeln
dann würden Wälder unsere Lungen sein
von dunkler Erde unser Fleisch
wären Flüsse unsere Adern
Mücken, Fliegen, Adler unsere Schwingen
dann könnten Sterne geliebte Verwandte
und schneebedeckte Berge unsere Heiligtümer sein
es würden Flammen in unseren Augen glänzen
die alle Grenzen niederbrennen
verschmelzen alle Form zu ihrem Ganzen
wenn dann der Himmel wie ein Auge wäre
würde er zufrieden in einen Ozean blicken
in dem jeder Tropfen friedlich wandert
als tiefe, blaue See gelöst verbunden
lächelnd würde er sich selbst erkennen
und keine Woge uns verwirren
keine Antwort würdest Du mehr suchen
denn keine Fragen wüsstest Du zu stellen

(S.B. 18.09.2006)

Allein ist alles ich

manche Wege geht man zweimal
um sich selbst dabei zu treffen
zu schauen was von dir geblieben ist
ob dich deine Blicke noch erkennen
vieles scheint noch da zu sein
Konturen warm, vertraut erscheinen
doch alles ist verloren neu
niemals begegnest du demselben Halm
der damals silbern in der Sonne spielte
weder dem Schatten, der die kühle Rast dir bot
noch dem Stein, an dem dein Tritt verhallte
der Berg, der deine Seele fing, verändert sieht er aus
ein großer Freund, der mit dir reifte
dich besser kennt als du dich selbst
Momente sind verschwunden in Erinnerung
wie der Schritte Klang im Tal
das einstmals viel zu groß und still dir war
als ob du fast vergeblich rangst nach Luft
als ob ein Film vor deinen Augen lief
mit ferner Zukunft zwischen seinen Bildern
dich ahnen ließen, was du morgen bist
wusstest keine Spur wird bleiben
als der, der heute ist zurückgekehrt
der soviel tausend Namen trägt in sich
beim Innehalten der Pupillen
ein anderes Lächeln im Gesicht
allein auf begangenen Pfaden von Gedanken
er sammelt sie wie alte Fährten auf
von längst vergangenem Selbst
ein bisschen auszuatmen von dem Einen
ein bisschen einzuatmen von dem Ganzen

(S.B. 24.10.06)